Bistum Essen entwickelt Strategien gegen Kirchenaustritte

Unter dem Motto „Should I stay or should I go“ diskutierten rund 100 Teilnehmer aus ganz Deutschland über die Kirchenaustrittsstudie des Bistums Essen und entwickelten Strategien, um die Menschen in der Kirche zu halten. 

Junge Menschen treten aus der Kirche aus. Negative Erfahrungen mit der Kirche bestärken den Austritt. Taufe, Hochzeit und Beerdigung stehen noch immer stark im Fokus. Das hat die Kirchenaustrittsstudie des Bistums Essen gezeigt. Sie war die Basis für die zweitägige Tagung „Should I stay or should I go“ in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim – eines von 20 Zukunftsbildprojekten des Bistums Essen. Dass bei dieser Tagung das Thema Kirchenaustritte überhaupt einmal offen und ehrlich diskutiert wurde, war für Generalvikar Klaus Pfeffer schon ein Erfolg an sich. „Es ist total wichtig, auf den Punkt zu bringen, was die Kirchenaustritte für uns bedeuten – dass nämlich der Ast, auf dem wir sitzen, brüchig wird“, betonte Pfeffer. Sein Wunsch: Ein solcher Dialog über Kirchenaustritte, aber auch mit den Menschen, die ihre Kirche verlassen haben oder in Distanz zu ihr stehen, auf Bundes-, Bistums- und Pfarreiebene.

 

Bischof Franz-Josef Overbeck warb für eine „Kirche in Bewegung“, die Menschen möglichst vielfältig anspricht und bestenfalls auch denen eine Heimat gibt, die nur selten kirchliche Angebote nutzen. Prof. Ulrich Engel, Direktor des Dominikaner-Instituts „Marie-Dominique Chenu“ in Berlin, erweiterte das Ziel auf eine „soziale Bewegung“. „Kirche muss eine Kirche mit offenen Rändern sein“, sagte er. Eine kirchliche Bewegung also, die fließende Übergänge zwischen Gruppen und Mitgliedern erlaubt, sie nicht starr nach Rollen und Funktionen hierarchisiert.

Hindernisse im kirchlichen Gemeindealltag

Wie sehr sich die einzelnen Gemeinden bereits nach dieser Idee öffnen, welche Ressourcen dafür genutzt werden können, ob eine Kirche als Bewegung Hindernisse zu bewältigen hat und welche Rolle Ausgetretene haben – darüber diskutierten die Teilnehmer nach dem Vortrag in kleinen Gruppen. „Ausbaufähig“, „oft nur ein Pilotprojekt“ oder „Pfarreien als closed shops“, sind Stichwörter, die an den Stehtischen fallen. Sich über den Rand des normalem Kirchenalltags zu öffnen, auf nicht-kirchliche Vereine oder kirchenferne Menschen zuzugehen, da sind sich einige Teilnehmer einig: Das ist bisher schwierig. „Ich erlebe, dass ich mich ständig dafür rechtfertigen muss“, sagte Daniel Gewand aus der Gemeinde St. Lamberti in Coesfeld. Die Gruppe ist sich einig: Wer austritt, überzeugt seine Mitmenschen heute leichter, es auch zu tun. Wer in der Kirche bleibt, muss sich dafür gelegentlich sogar verteidigen.

Welche Hürden und Probleme die Teilnehmer in ihrem kirchlichen Alltag erleben, erzählten sie in der anschließenden Podiumsdiskussion. Kommunionkinder, die kein Kreuzzeichen beherrschen, der Sohn, der nicht in die Kirche geht, sondern lediglich zum Filmabend im Gemeindeheim. Und dennoch, so der Tenor der Debatte: Gerade diese niederschwelligen Angebote brauche es in Zukunft, um die Menschen neu für Kirche zu begeistern. Generalvikar Pfeffer merkte an: „Keine Gemeinde kann aus Menschen bestehen, die nur sporadisch kommen. Aber wir haben noch ziemlich viel Luft nach oben, Menschen etwas von unserer christlichen Botschaft mitzugeben.“ 

Zukunftsbild als Aufgabe für mehrere Generationen

Die Diskussion zeigte: Sich zu öffnen und gerade mit den Menschen in Kontakt zu kommen, die in Distanz zur Kirche stehen, ist für viele Gemeinden und kirchliche Institutionen schwierig. Auch Bischof Overbeck hat da kein Patentrezept: „Wir brauchen einen langen Atem über mehrere Generationen.“Versuchen wollen die Teilnehmer es in ihren eigenen Gemeinden, Verbänden und Bistümern dennoch: als soziale Bewegung mit einem institutionellen Kern, die sich öffnet und von einigen starren Konzepten verabschiedet. Teilnehmer Daniel Gewand ist sich sicher: „Wenn sich ein Bischof als Kopf einer solchen Bewegung sieht, können wir gut in die Zukunft gehen.“ (lm)

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